»Drehstrom«
entstand 1991 auf Anregung meines Lehrers Christian
Mühlbacher als Streichquintett. Im Lauf der Zeit änderte
sich die Besetzung mehrfach, bis 2004 eine Nonettversion und eine Streichorchesterfassung
entstanden.
»Drehstrom« ist ein minimalistisches Stück im 12/8 -
Takt, dessen einfaches Grundmotiv aus drei Tönen von Anfang bis Ende
(an manchen Stellen jedoch nur virtuell) hörbar ist.
Wie bei Bauwerken, Gesichtern, Theatervorstellungen und Bäumen, die
durch Assymetrie lebendiger, interessanter, schöner und natürlicher
wirken, spielt auch bei »Drehstrom« der assymetrische Aufbau
eine Hauptrolle: er dreht sich im ersten Teil, der länger ist als
der zweite, durch eine Anzahl von Tonarten, und dreht sich im kürzeren
zweiten Teil durch eine kleinere Anzahl von Tonarten zurück zum Ausgangspunkt.
Für diejenigen, die es genau wissen wollen, hier eine ausführliche
Erklärung:
Der Ablauf der formalen Struktur beschreibt einen assymetrischen Zyklus
(oder eine geschlossene Spirale, wenn so etwas möglich ist), innerhalb
dessen sich tonale Zentren in absteigend (1.Teil) und aufsteigend (2.
Teil) mediantischen Fortschreitungen manifestieren.
Im ersten Teil, T. 1-60, durchwandern die Grundtöne
D—B—Fis jeweils im Lauf von 20 Takten die
Modi Dorisch—Mixolydisch—Jonisch—Lydisch
in Stufenweiser Aufhellung. In einem drei- bis eintaktigen Abschnitt am
jeweiligen Ende einer Grundtonphase modulieren erniedrigte Medianten im
phrygischen Modus in den nächsten Grundton, also Cis—A—F,
wobei der tatsächliche Eintritt dieser Medianten mit jedem Mal einen
Takt später erfolgt, was sich auf deren Dauer also derart: Cis—3
Takte, A—2 Takte, F—1 Takt, auswirkt. Das F-Phrygisch führt
logischerweise zum Ausgangspunkt D zurück, womit der zweite Teil,
T. 61-102, beginnt.
In diesem verkürzten Kreislauf durchwandern die Grundtöne D—Fis—B
jeweils im Lauf von zwölf Takten die Modi Dorisch—Aeolisch—Phrygisch
in stufenweiser Abdunkelung. In einem drei- bis eintaktigen Abschnitt
am jeweiligen Ende einer Grundtonphase modulieren erhöhte Medianten
im lydischen Modus in den nächsten Grundton, also Es—G—H,
wobei der Eintritt dieser Medianten wie oben mit jedem Mal einen Takt
später erfolgt.
Das H-lydisch führt logischerweise zum Ausgangspunkt D zurück,
womit der Kreis geschlossen ist.
Das Stück bewegt sich also in einer ersten Drehung 60 Takte lang
mediantisch absteigend, klanglich aufhellend und in einer
zweiten Drehung 42 Takte lang mediantisch aufsteigend, klanglich
abdunkelnd von D über D
nach D.
»Der Frosch im Meer« ist eine kleine Geschichte
über einen, der, durch welche Umstände auch immer, in einer
ihm fast völlig fremden Umgebung lebt. Die Möglichkeiten, diesen
Ansatz zu deuten sind sehr vielfältig...
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